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Warum sich auch religiöse Personen für eine Kryokonservierung entscheiden können

Das Tomorrow-Mitglied Charity Waddy spricht über ihre Erfahrungen als religiöse Person in diesem Bereich.
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Juli 26, 2021
Tomorrow Bio

Im Oktober 2020 wurde ich ein Teil des Tomorrow Biostasis Team. Als ich diese Stelle annahm, hatten viele in meiner Familie und Freunde Fragen zu meinen Beweggründen, da dieses Unternehmen im Grunde das Ziel hat, „Menschen von den Toten zurückzubringen“. Die Fragen, die mir zu diesem Thema gestellt worden sind, klangen in etwa so: „Glaubst du nicht, dass diese Arbeit deinen Glauben in Frage stellt?“ und „Wie fühlst du dich dabei, ein Teil von etwas zu sein, das sich gegen Gott richtet?“

Um es ganz klar zu sagen: Ich betrachte mich ganz offen als Christin. Kurz gesagt, ich glaube an eine Verbindung zwischen Geist, Körper und Seele, was den Menschen „vervollständigt“. Auch wenn ich einige Zweifel habe und mich nicht als Traditionalistin bezeichnen kann, werde ich wahrscheinlich auch in Zukunft beim christlichen Glauben bleiben.

Außerdem möchte ich ganz klar sagen, dass ich eine Wissenschaftlerin bin. Während meines Studiums nutzte ich die christliche Bibel, um den Sinn von mir und meinen Beziehungen zu anderen zu untersuchen, wobei ich mich jedoch nicht als Fundamentalistin sehe. Ich glaube an die Evolution und vertraue der Wissenschaft sowie den meisten – wenn nicht allen – Fortschritten, die die Menschheit bisher gemacht hat. Nun habe ich nicht die Absicht, meinen Glauben und meine Überzeugungen zu erklären, aber dennoch das Bedürfnis, meinen Hintergrund zu erläutern, da er für meine Motivation dieses Beitrags relevant ist.

Bibel

Ich schreibe zwar aus einer christlichen Perspektive, glaube aber, dass meine Worte auch für die meisten anderen monotheistischen und sogar polytheistischen Religionen relevant sind. Die Erwähnung Gottes in diesem Text kann daher auch durchaus durch einen nicht-christlichen Gott oder ein anderes spirituelles Konzept ersetzt werden. Mein Ziel ist es, religiösen Menschen zu helfen, das wahre Ziel von Kryokonservierungsunternehmen zu verstehen, damit sie eine gut informierte Entscheidung darüber treffen können, ob eine Kryokonservierung auch für sie in Frage käme.

Was die meisten religiösen Menschen gegen eine Kryokonservierung haben

Problem 1: Sie verstehen nicht, was es ist

Ich glaube, es gibt zwei Hauptgründe, warum religiöse Menschen gegen eine Kryokonservierung sind. Der wichtigere der beiden Gründe ist, dass einige religiöse Menschen nicht verstehen, was es überhaupt bedeutet, kryokonserviert zu werden. Viele fragen mich, warum ich „Gott spielen“ und Menschen von den Toten auferstehen lassen möchte. Doch sobald mir jemand diese Frage stellt, weiß ich bereits, dass die Person mit diesem Thema noch nicht richtig vertraut ist.

Zunächst einmal ist es wichtig, dass wir uns darüber im Klaren sind, was wir eigentlich als Tod bezeichnen. Mit der Entwicklung der Medizintechnik hat sich unsere Definition von Tod geändert – der Einfachheit halber betrachten wir den „Tod“ jedoch nur als den Zeitpunkt, an dem das Herz eines Menschen aufhört zu schlagen. (Es ist zwar etwas komplizierter, aber ich werde mich beim gesetzlichen Tod darauf beziehen).

Der Tod in der Religion

Ich denke, das beste Beispiel zur Erklärung des gesetzlichen Todes ist ein Vergleich der Kryokonservierung mit der Entwicklung der HLW. Die Herz-Lungen-Wiederbelebung wurde im 20. Jahrhundert entwickelt. Wenn man also im 19. Jahrhundert einen Atemstillstand erlitten hat, wurde man vom Arzt für tot erklärt, da wir zu diesem Zeitpunkt weder über das Wissen noch über die Technologie verfügten, einen Atemstillstand zu verhindern.

Und selbst wenn man einer sehr orthodoxen religiösen Überzeugung ist, sagen nicht viele, dass sie die HLW ein Akt gegen Gott sei. Es gibt tatsächlich viele religiöse Menschen, die im Gesundheitswesen oder in der Medizin arbeiten und regelmäßig moderne Praktiken wie die HLW anwenden, um jeden Tag Menschenleben zu retten. Ich glaube, dass Kryokonservierung und die Wiederbelebung eines kryokonservierten Patienten vom Konzept her vielen medizinischen Methoden ähnelt, die wir regelmäßig anwenden, auch wenn sie viel komplizierter sind. In diesem Artikel erfährst du mehr darüber, wie genau eine Kryokonservierung funktioniert.

Die meisten Menschen (ob religiös oder nicht) würden sich im Notfall eine Herz-Lungen-Wiederbelebung wünschen oder bei einer Infektion Antibiotika nehmen, weil sie (zumindest auf einer sehr grundlegenden Ebene) verstehen, wie diese Dinge funktionieren, um sie retten zu können. Natürlich macht es Sinn, sich gegen etwas zu stellen, von dem man denkt, dass es dem eigenen Glauben völlig widerspricht. Deshalb bin ich davon überzeugt, dass sich viele Menschen bei einer richtigen Aufklärung für eine Kryokonservierung entscheiden würden, auch wenn sie vorher dagegen waren.

Problem 2: Sie verstehen das Prinzip, glauben aber, dass es „zu weit geht“ oder einen Einfluss auf das Leben nach dem Tod hat.

Das zweite Argument, dass religiöse Menschen gegen eine Kryokonservierung haben, ist meiner Meinung nach nicht so sehr verbreitet, aber ich bin auch schon darauf angesprochen worden. Und zwar soll eine Kryokonservierung eine Wissenschaft sein, die zu weit geht. Es ist der Glaube, dass wir jetzt die Grenze dessen erreicht haben, wie der Tod sein sollte, und dass alles, was darüber hinausgeht, gegen Gottes Willen sei, ein Leben nach dem Tod zu erfahren.

Dem muss ich in zwei Teilen entgegentreten. Erstens:

  1. Wie weit ist „zu weit“, um das Leben eines Menschen zu retten?

Wenn es um das Ausmaß der Technologie geht, die wir derzeit zur Wiederbelebung von Menschen einsetzen, greife ich gerne auf einen extremen und sehr persönlichen Fall zurück: Meine Mutter (die eine sehr konservative Christin ist).

Im Alter von 31 Jahren erlitt sie einen Herzstillstand und erlebte, was man technisch gesehen als „Tod“ hätte bezeichnen können. Durch den Einsatz der modernen Technologie (mehrere Schocks von einem Defibrillator) wurde sie wiederbelebt und ist heute im Alter von 64 Jahren immer noch am Leben.

Hier kommt nun meine größte Verteidigung, warum eine Kryokonservierung nicht zu weit geht: Wie bereits erwähnt, ist meine Mutter in diesem Fall „gestorben“. Auch wenn unklar ist, warum sie wiederbelebt werden konnte und andere in einem ähnlichen Zustand nicht, aber eines ist sicher: Sie hat einen Zustand erreicht, bei dem manche Mediziner aufgehört hätten, sie zu retten. Somit ist sie ein deutliches Beispiel dafür, dass es über den Tod noch so vieles gibt, das wir nicht verstehen. Demnach ist der Tod auch weitaus komplexer als das simple Aussetzen des Herzschlags. Es ist ein Prozess voller Geheimnisse.

Mysterium und Leben

Durch weitere Fortschritte in der Medizin und der Technologie können Fälle wie der meiner Mutter immer besser verstanden werden, sodass wir die Zahl der wiederbelebten Menschen und auch die Erfolgsquote der Wiederbelebung von Patienten, die kürzlich einen Herzstillstand erlitten haben, steigern können.

In diesem Moment mag es Dinge geben, die wir JETZT noch nicht verstehen, aber die irgendwann vielleicht mit Leichtigkeit behoben werden können. Ich glaube, dass eine Kryokonservierung mit ein wenig mehr Entwicklungsarbeit etwas werden könnte, das in der Zukunft gut akzeptiert und regelmäßig angewendet wird.

Menschen haben oft Angst vor dem, was sie nicht verstehen oder was zu ihrer Zeit noch nicht verstanden werden kann. Wer der Meinung ist, dass eine Kryokonservierung zu weit geht, dem möchte ich die Frage stellen, ab welchem Punkt wir denn eigentlich zu weit gehen, um ein Menschenleben zu retten? Hätten wir bei Herztransplantationen aufhören sollen? Schließlich hätte ein protestantischer Arzt des 15. Jahrhunderts dieses Verfahren wahrscheinlich als Hexerei bezeichnet. Oder sollten wir unsere gottgegebenen Fähigkeiten voll ausschöpfen und alles tun, was wir können, damit jeder Mensch das genießen kann, was viele als den Segen des Lebens betrachten?

  1. Wenn es einen Punkt gibt, an dem man zu weit geht, ist das dann nicht unmöglich?

Damit möchte ich mich an jene wenden, die konservative Überzeugungen haben. Ich habe das Gefühl, dass diese Gruppe in der wissenschaftlichen Gemeinschaft eher auf direkten Widerstand als auf Verständnis stößt.

Nehmen wir an, eine Kryokonservierung mit dem Zweck, einen Menschen wiederzubeleben, sei tatsächlich eine Methode, Gott zu „betrügen“. Wenn dies jedoch tatsächlich der Fall ist, gäbe es nichts, was wir Menschen gegen den allmächtigen Gott tun könnten. Wenn es Gottes Wille ist, dass eine Seele in den Himmel aufsteigt, würde das gesamte Prinzip der Wiederbelebung gar nicht funktionieren. Wenn der gesetzliche Tod einer Person der wahre Tod ist (d. h. nichts aus dem Gedächtnis dieser Person oder was sie sonst zu dieser Person macht, kann wiederhergestellt werden), dann kann ihre „Seele“ weder vom Himmel, dem Jenseits oder der nächsten Reinkarnation zurückerlangt werden. Wenn religiöse Menschen mit diesem Glauben richtig liegen, gibt es keine Technologie, die Gott überwinden könnte.

Aber selbst wenn man nicht an eine Kryokonservierung als Mittel zur Wiederbelebung nach dem Tod glaubt, so hat sie doch das Potenzial, anderen Bereichen der Wissenschaft und Medizin zugute zu kommen.

Auch wenn wir Menschen nicht von dem zurückholen können, was wir derzeit als Tod bezeichnen, gibt es noch weitaus mehr Möglichkeiten für eine Kryokonservierung. Derzeit verwenden wir zum Beispiel ähnliche Methoden, um menschliches Sperma und Eizellen zu konservieren. Diese Praxis hat es vielen Paaren ermöglicht, ein Kind zu bekommen, die sonst nicht dazu in der Lage gewesen wären.

Darüber hinaus hat die Entwicklung der Kryokonservierungstechnologie auch das Potenzial, eine langfristige Lagerung von Organen zu ermöglichen, um Patienten zu helfen, die ganz bestimmte Transplantate benötigen. Demnach könnten wir mithilfe einer Kryokonservierung eine langfristige Organbank einrichten und sicherstellen, dass niemand aus Mangel an einer benötigten Leber, Niere usw. sterben muss. Daher sollte diese Forschung auch in anderen lebensrettende (keine wiederbelebenden) Bereichen weiter vorangetrieben werden.

Fazit

Letztendlich wird es immer Menschen geben, die sich strikt gegen das wenden, was wir bei Tomorrow Biostasis tun. Ich möchte niemanden von seinem Glauben abbringen oder diesen widerlegen und versuche auch nicht, religiöse Menschen davon zu überzeugen, dass sie kryokonserviert werden sollten. Schließlich gibt es auch nichtreligiöse Menschen, die nur an die Wissenschaft glauben und über die Methode zur Kryokonservierung genauestens Bescheid wissen und dennoch keine wünschen. Dennoch hoffe ich, dass wir mehr Menschen die Möglichkeit geben, eine informierte Entscheidung zu treffen, indem wir erklären, was wir tun und ein respektvolles Gespräch führen können – egal, um welche Religion es sich handelt. Wenn sich jemand für eine Kryokonservierung anmelden möchte, sollte diese Person nicht das Gefühl haben, seinen Glauben für die Chance auf ein längeres Leben aufs Spiel zu setzen.  

Unser gesamtes Team bei Tomorrow Biostasis ist sehr offen und freut sich auf ein Gespräch mit dir, wenn du dich für diese Möglichkeit interessierst. Wenn du noch Fragen hast oder einen Termin für ein Gespräch mit uns vereinbaren möchtest, kannst du dich gerne per E-Mail an uns wenden.