Vor wenigen Wochen führte unser Geschäftsführer und Mitbegründer, Dr. Emil Kendziorra, ein Interview mit Kai Micah Mills und stellte ihm ein paar Fragen zu seinem neuesten Projekt, Cryopets. Kai ist ein kluges Köpfchen und trat Kryonik (auch Biostasis genannt) bei, um Wachstum und Entwicklung in diesem Bereich zu fördern. In diesem Artikel erfährst du mehr über Kai und seine zukünftige Vision über Kryokonservierung von Haustieren.
‍
Kai Micah Mills - Schulabbrecher und GrĂĽnder von Cryopets
‍
Also, wer genau ist Kai Micah Mills? Kai ist Softwareentwickler und begeisterter Minecraft-Spieler aus Salt Lake, Utah in den USA. Nach der Entwicklung zahlreicher technischer Projekte beschloss er, sich dem Thema Kryokonservierung zu widmen. Also gründete er Cryopets, das erste Startup-Unternehmen, das sich auf Kryokonservierung von Säugetieren spezialisiert. Obwohl sein Unternehmen noch in Kinderschuhen steckt, hat Kai bereits klare Vorstellungen davon, wie er sein Projekt weiterentwickeln und den Bereich der Kryonik beeinflussen möchte. Wenn du dir das 45-minütige Online-Interview in voller Länge ansehen möchtest, findest du unten das Youtube-Video dazu. Und wenn du lieber eine Zusammenfassung hättest, findest du hier die wichtigsten Details.
‍
Emil: Möchtest du dich zunächst kurz vorstellen, bevor wir zu deiner Arbeit kommen?
‍
Kai: Klar. So richtig begann mein Interesse fĂĽr Lebensverlängerung im Jahr 2011. Ich wollte in diesem Bereich etwas aufbauen, aber leider war ich damals erst 12 Jahre alt, also war es, nun ja, schwierig. Daher habe ich die Szene eher beobachtet und im Laufe der Jahre viel geforscht. Dabei habe ich das getan, was mir besonders gut lag, und das war Technik und Computer. Ich verbrachte etwa ein Jahrzehnt im Technikbereich, brach die Schule ab, verkaufte ein paar Unternehmen und nun sind wir hier. Ich wusste, dass ich im Bereich der Lebensverlängerung tätig sein wollte, aber nicht, dass es speziellKryonik sein wĂĽrde. NatĂĽrlich hatte ich mich schon länger fĂĽr das Thema interessiert. 2016 war ich zum Beispiel auf der Alcor Life Extension Foundation Es gab viele GrĂĽnde, weshalb ich in diesen Bereich wollte. GrĂĽnde, aus denen auch du, Emil, dich dafĂĽr entschieden hast, in diesen Bereich einzusteigen. Diese Branche braucht offensichtlich viel Hilfe und wir können viel bewirken, und darum sind wir hier. Ich bin der GrĂĽnder von Cryopets, wo wir an der Kryokonservierung von Haustieren arbeiten. Das bringt der Name auch gut zum Ausdruck.Â
‍
‍
Emil: Viele scheinen vom Bereich der Langlebigkeit zur Kryokonservierung ĂĽberzugehen. Was hat dein Interesse an Kryokonservierung geweckt?
‍
Kai: Dafür gab es mehrere Gründe. Erstens fiel mir auf, dass sich nur wenige Leute auf diesen Bereich konzentrierten, was mich sehr überraschte. Auch Fördermittel gab es nicht viele, also wollte ich herausfinden, wo ich am meisten etwas bewirken und am meisten helfen kann. Zweitens fiel mir der Bereich Kryonik auf, weil er das Problem des Todes direkt anspricht. Selbst, wenn es uns gelingen sollte, das Problem des Alterns noch zu unseren Lebzeiten zu lösen, gibt es immer noch viele andere Todesursachen. Daher halte ich es für sehr wichtig, etwas zu entwickeln, das unsere Biologie wirklich stoppen kann und uns mehr Zeit gibt, um in Zukunft hoffentlich alle Probleme zu lösen.
‍
Außerdem war ich 10 Jahre lang als Software-Ingenieur tätig und ich denke, dass viele Leute in diesem Bereich einen ähnlichen Hintergedanken haben: Als Ingenieur sieht man einen Körper wie eine Art Maschine, die repariert werden kann. In der Kryonik gibt es ganz konkrete Probleme, die es zu lösen gilt. Ich bin davon überzeugt, dass wir jedes dieser Probleme irgendwann lösen können, vor allem, wenn es um die Biologie des Körpers geht. Und dafür haben wir praktisch unbegrenzt viel Zeit.
‍
Ich führe auch interessante Gespräche über Kryokonservierung mit meinem Vater, weil er sehr religiös ist. Wir sprechen zum Beispiel darüber, wie lange man tot sein muss, bevor die Seele in den Körper zurückkehrt. Wir wissen ja, dass Menschen immer wieder kurzzeitig sterben. Doch sind es dann nur zwei Stunden oder vielleicht zwei Jahre?‍
‍
Emil: Du kommst also aus einem religiösen oder spirituellen Umfeld?
‍
Kai: Ja, ich bin in einer Mormonen-Familie aufgewachsen. Somit war ich wohl so religiös, wie man nur sein kann. Wir gingen jede Woche in die Kirche. Du weißt sicher, dass Religionen ein unendlich langes Leben versprechen, oder? Um 2011 herum habe ich angefangen, mich davon zu lösen. Da war ich etwa 13 Jahre alt. Da habe ich erkannt, dass man auch durch Wissenschaft eine Art Leben nach dem Tod erreichbar machen kann. Für mich ist das momentan das Einzige, worauf ich mich konzentrieren möchte. Aber ja, da ich aus einem religiösen Umfeld komme, war es definitiv ein Tapetenwechsel.
‍
Wenn ich Umfragen durchfĂĽhre, warum man sein Haustier nicht kryokonservieren lassen sollte, bekomme ich viele Antworten, von denen die meisten religiös sind. Entweder ist es gegen die Natur oder gegen Gott. Dabei gehen wir eigentlich schon seit langem „gegen die Natur“ vor. Ich weiĂź gar nicht, ob wir ĂĽberhaupt noch hier wären, hätten wir das nicht getan.Â
‍
Ich persönlich glaube, dass es beim Thema Religion und Kryonik eine Art Kommunikationsproblem gibt. Nur weil man an ein Leben nach dem Tod glaubt, heißt das nicht, dass man es unbedingt eilig haben muss, dorthin zu gelangen. Religiöse Menschen bekommen auch Medizin, wenn sie sie brauchen, und sie werden operiert, wenn sie es brauchen. Kryonik ist eigentlich nur eine andere Form der Notfallmedizin und muss nicht zwingend gegen Gott gerichtet sein.
‍
Emil: Bevor wir uns zu sehr in philosophische Fragen vertiefen, was macht Cryopets eigentlich?
‍
Kai: Wir befinden uns noch in einem sehr frühen Stadium, aber unser Ziel ist es, eine Art Hybrid-Einrichtung zu bauen, die zur Hälfte aus Tierklinik und zur anderen Hälfte aus chronischer Einrichtung besteht. Ich glaube, dass es in einer idealen Zukunft Kryokonservierungsverfahren in Krankenhäusern geben wird. Dadurch wäre eine Verzögerung durch den Transport des Körpers quer durchs Land auch nicht mehr so groß. Und das können wir meiner Meinung nach am besten erreichen, indem wir Kryokonservierung in Krankenhäusern einführen. Wenn man eine riskante Operation vor sich hat, könnte man zum Beispiel eine Kryokonservierung durchführen und so das Risiko eines dauerhaften Todes vermeiden.
Â
‍
Ich wünsche mir, dass Kryokonservierung eines Tages in Krankenhäusern eingesetzt wird und ich glaube, dass wir über Tierkliniken einen Weg dorthin ebnen können. Irgendwann können wir auch andere Tierkliniken im Land ausbilden und entsprechend ausstatten, damit sie diese Verfahren durchführen können. Wenn dann jemandes Haustier alt oder krank ist und sein Tierarzt entschieden hat, dass es am besten ist, es einzuschläfern, kann sich der Besitzer direkt in der örtlichen Tierklinik für eine Kryonik seines Haustieres entscheiden.
‍
Ich bin sogar mein eigener Kunde, denn ich habe eine 10 Jahre alte Katze. Ich habe auch schon mit Alcor gesprochen, Kryokonservierung für Haustiere anbieten. Sie haben bisher zwar nur sehr wenige Haustiere kryokonserviert, aber in vielen Fällen werden sie zu ihnen geschickt und dann eingefroren. Das ist nicht gerade ideal und man muss Mitglied sein, aber ich denke, dass man Menschen eher für Kryokonservierung begeistern kann, wenn man vorher eine Kryokonservierung für ihre Haustiere anbietet. Deshalb halte ich es für sehr wichtig, dass es eine Einrichtung gibt, die sich speziell auf Haustiere konzentriert und Verfahren für verschiedene Größen entwickelt und optimiert, wenn man an Logistik denkt usw.
‍
Emil: Gibt es einen grundsätzlichen Unterschied zwischen den Verfahren für Mensch und Tier?
‍
Kai: Wie ich schon sagte, befinden wir uns aktuell noch im Anfangsstadium, so dass ich noch nicht auf alle Bereiche der angewandten Forschung eingehen konnte, die ich gerne erforschen wĂĽrde. Im Moment geht es nur darum, unsere Verfahren so weit wie möglich zu perfektionieren. Am wichtigsten ist es uns, so nah wie möglich an eine Konservierung in Laborqualität heranzukommen. Bei Haustieren kann man von der Euthanasie direkt zum Kryokonservierungsprozess ĂĽbergehen, weil wir eine Euthanasie gleich vor Ort durchfĂĽhren können und das Verfahren direkt danach.Â
‍
Emil: Ich denke, dass dies sogar einer der Hauptvorteile der Kryokonservierung von Haustieren ist, da ein Großteil der Schwierigkeiten bei der Kryokonservierung von Menschen auf logistische Probleme zurückzuführen ist. Wenn man diese jedoch mit einem Krankenhaus umgehen kann, ist das ein deutlicher Qualitätsvorteil und bringt uns wahrscheinlich sogar in die Nähe von Laborqualität.
‍
‍
Emil: Beabsichtigst du, mit Organisationen und Tierkliniken zusammenzuarbeiten oder möchtest du von Grund auf alles neu aufbauen?
‍
Kai: Zunächst werden wir unsere Einrichtung von Grund auf neu bauen, aber in naher Zukunft wĂĽrde ich sehr gerne mit Tierkliniken zusammenarbeiten. Bevor ich ĂĽberhaupt auf die Idee kam, eine Hybrid-Einrichtung zu bauen, habe ich mir Gedanken gemacht: „Wie kann ich die erste Tierklinik ansprechen und am besten ĂĽberzeugen?“ Ich möchte auf keinen Fall einen Eimer mit Löchern fĂĽllen. Wenn ich jetzt zu Tierkliniken gehe und ihnen von meinem Vorhaben erzähle, denke ich, dass ein gewisses Interesse bestehen wĂĽrde, da sie damit mehr Geld verdienen können. Und ich bin mir auch sicher, dass viele Menschen, wenn auch nur aus reiner Tierliebe, gerne ein länger lebendes Haustier hätten. Aber ich glaube auch, dass ich viele Absagen bekommen wĂĽrde, und diese Chancen möchte ich mir nicht entgehen lassen.Â
‍
Wenn wir mit einer eigenen Tierklinik durchstarten, können wir Eingriffe selbst vornehmen. Und wenn wir die nötigen Zahlen haben, können wir zu anderen Tierkliniken gehen und ihnen zeigen, dass sie mit diesen Eingriffen wirklich Geld verdienen können. Das ist aber erst der Fall, wenn unser Unternehmen größer ist und wir bewiesen haben, dass es einen Markt dafür gibt. Wir müssen also mehr Geld aufbringen, um diese Tierkliniken kostenlos ausstatten und ausbilden zu können. Für den Anfang reicht eine Tierklinik in jedem Bundesland, wir müssen nicht direkt jede einzelne Tierklinik mit ins Boot holen.
‍
Emil: Kryokonservierungsorganisationen bieten bereits Kryokonservierungen von Haustieren an, aber das ist deiner Meinung nach der falsche Weg, oder?
‍
Kai: Ich denke, das Problem ist, dass man Mitglied sein muss. Viele Menschen werden im Laufe ihres Lebens Haustiere haben. Und die werden wahrscheinlich vor ihnen sterben.
‍
Ich denke, dass es clever wäre, mehr Menschen fĂĽr Kryonik zu begeistern, indem man ĂĽber ihre Haustiere darauf zu sprechen kommt und nicht umgekehrt. Es gibt viele Dinge, die ich an anderen Einrichtungen nicht mag. Eine Kryokonservierung von Haustieren ist dabei aber nicht im Fokus. Ich denke, dasCryonics Institutekann einen ziemlich niedrigen Preis anbieten, aber meines Wissens nach frieren sie auch nur Haustiere ein. Sie sind mit keiner Tierklinik verbunden, so dass es immer noch eine lange Zeit in Anspruch nimmt, das Haustier von der Klinik dorthin zu bringen. Und da glaube ich nicht, dass das Angebot gut genug ist – sonst wĂĽrde ich ja auch kein eigenes Unternehmen grĂĽnden. Ich mĂĽsste mich wohl fĂĽhlen, meine Katze dorthin zu bringen, aber das tue ich nicht. Es gibt zum Beispiel auch keine Standby- oder Notfallsets, die an Leute verteilt werden. Ich denke, da gibt es einfach eine Menge Raum fĂĽr Innovationen.Â
‍
Emil: Das ist in der Tat ein sehr wichtiges Thema, denke ich. Als Organisation, die sich mit der Kryokonservierung von Menschebefasst, muss man auch Kryokonservierung von Haustieren anbieten. Für manche Menschen sind Haustiere gleichbedeutend mit ihren Kindern, so dass es für sie sehr wichtig ist, dass auch sie kryokonserviert werden können. Auch wir bieten in erster Linie eine Kryokonservierung von Menschen an, aber wir akzeptieren auch Haustiere. Allerdings bin ich hier eher zuversichtlich, was Kryokonservierung von Menschen und chirurgische Eingriffe usw. angeht, da eine Kryokonservierung von Katzen und Hunden deutlich seltener ist. Für uns wäre es absolut sinnvoll zu sagen: „Hey, wir kryokonservieren Menschen, aber natürlich können Sie auch Ihr Haustier kryokonservieren lassen – über eine unserer Partnerorganisationen, die darauf spezialisiert sind.“
‍
Kai: Ich habe bereits von mehreren Organisationen gehört, dass sie mehr Vertrauen in Kryokonservierung von Menschen haben, weil es davon weitaus mehr Fälle gab.
‍
Emil: WeiĂźt du schon, wann du dein erstes Haustier kryokonservieren kannst?
‍
Kai: Nach Baubeginn wird es etwa sechs bis acht Monate dauern, bis die Einrichtung fertig ist. Anfang nächsten Jahres möchte ich mit dem Bau beginnen, so dass wir die Einrichtung gegen Ende des Jahres in Betrieb nehmen können. Zwischen dem Bau der Einrichtung und dem Beginn der Kryokonservierung würde allerdings noch etwas Zeit vergehen, da bis dahin auch erst einmal unsere Tierklinik laufen muss. Wir müssen Tierärzte einstellen und ausbilden... und darum würde ich auf Anfang 2024 tippen, wobei es eher schwierig ist, eine genaue Zeitangabe zu machen.
‍
Emil: Der Plan sieht also vor, dass Haustierbesitzer ihre Haustiere zur Kryokonservierung anmelden können, ohne Mitglied einer Organisation für Kryokonservierung von Menschen zu sein. Würdest du diese Besitzer dann später davon überzeugen wollen, sich anzumelden? Angenommen, Wiederbelebung ist erfolgreich und wir leben in einer Gesellschaft, in der eine Wiederbelebung irgendwann möglich ist. Was ist, wenn jemand ein Haustier zurückholt und der Besitzer ist nicht mehr da?
‍
Kai: Wenn es Tiere aus dem 19. Jahrhundert gäbe, Katzen und Hunde, die kryokonserviert wurden, und wir heute sagen würden: „Oh ja, die können wir jetzt wiederbeleben“, würde dann irgendjemand diese Haustiere aus dem 19. Jahrhundert haben wollen? Ich denke, dass viele Leute: „Absolut!“ sagen würden. Ich glaube nicht, dass es schwierig wäre, sie wieder in Besitz zu bringen. Spaß beiseite, ich würde gerne Leute dazu bringen, sich anzumelden.
‍
‍
Emil: Ich nehme an, dass du auch vorhast, deine eigene Katze kryokonservieren zu lassen?
‍
Kai: Meine Katze ist zehn Jahre alt. Sie wird zwar älter, aber sie ist kerngesund. Irgendwann werde ich mit ihr zum Zahnarzt müssen, um ihre Zähne richten zu lassen. Dabei wird sie in Narkose versetzt, der gesamte Zahnbelag wird entfernt und vielleicht werden ihr auch ein oder zwei Zähne gezogen. Das ist mit einem gewissen Risiko verbunden. Bei völlig gesunden Katzen ist eine Narkose in der Regel unbedenklich. Nur bei einer von achthundert Katzen kommt es zu Komplikationen, an denen das Tier stirbt. Nun ist sie mit zehn Jahren auch schon etwas älter. Ich glaube, ab sieben Jahren fängt man an, etwas vorsichtiger zu sein. Man macht Bluttests, um sicherzustellen, dass es keine Probleme gibt, die andere Probleme verursachen könnten. Es besteht einfach ein sehr reales Risiko. Ich richte mir sogar ein provisorisches Labor in meiner Garage ein, nur für den Fall, dass etwas Schlimmes passieren sollte. Und da diese Möglichkeit besteht, möchte ich vorbereitet sein.
‍
Eine lustige Geschichte: Als ich 11 war, hatte ich ein paar Schildkröten. Sie hieĂźen Tavonne und Nikita. Sie waren vielleicht ein oder zwei Jahre alt, als Tavonne auf einmal zwischen den Felsen an der Seite des Aquariums stecken geblieben und ertrunken ist. Ich liebte diese Schildkröte. Und darum gingen wir in den Garten, hielten eine Trauerfeier und haben sie dann begraben. Ich war sehr traurig, und etwa ein Jahr später fragte ich meinen Vater: „Können wir meine Schildkröte ausgraben, damit ich ihren Panzer holen kann?“ Also gingen wir hin, gruben ein Loch sahen den Panzer. Als mein Vater den Panzer dann aufhob, zog die Schildkröte auf einmal ihre Arme ein. Sie lebte noch und war kerngesund! Anscheinend war sie gar nicht tot. Vielleicht war sie einfach nur bewusstlos und sah nur tot aus. Jedenfalls vermutete ich, dass sie durch das Vergraben in der kalten Erde in eine Art Winterschlaf gefallen war. Das war meine erste Erfahrung mit der Wiederbelebung eines Haustieres! Â
‍
‍
Emil: Was sind deine nächsten Schritte im Unternehmen und was steht derzeit im Vordergrund?
‍
Kai: Momentan steht Fundraising im Vordergrund. Das ist irgendwie ein zweischneidiges Schwert, weil in den letzten Monaten alles sehr viel schwieriger geworden ist. Aber wenn man ein starker GrĂĽnder ist, der eine groĂźartige Idee hat und dafĂĽr bekannt ist, dass er sie umsetzt, ist dies auch eine wirklich gute Zeit.
‍
Hauptsächlich konzentriere ich mich darauf, vielleicht schon bald die ersten Mitarbeiter einzustellen. Vielleicht holen wir noch einen CSO an Bord, während ich weiterhin mit dem Architekten zusammenarbeite, um zu besprechen, wie unsere Einrichtung aussehen könnte. Es soll eine Art Tierklinik mit zusätzlichem Raum und Laborfläche und natĂĽrlich Lagerfläche werden.Â
‍
Ich denke, das sind im Moment die Hauptschwerpunkte. Und dann gibt es noch jede Menge Marktforschung, um herauszufinden, wie unsere Gesellschaft zur Kryokonservierung von Haustieren steht, wie man mehr Leute dafür begeistern kann und welche Art von Aufklärung wirklich nützlich ist. Wenn man Menschen über Durchbrüche auf diesem Gebiet aufklärt, stößt man auf völlig verschiedene Meinungen. Ich glaube, dass viele Leute einfach keine Ahnung haben. Ich meine, generell wissen viele Leute nichts über sehr spezifische Nischenbereiche. Daher denke ich, dass wir durch Marketing auch etwas Aufklärung betreiben können. Ich denke auch, dass ein Zugehörigkeitsgefühl zu einer Tierklinik Menschen das Vertrauen geben würde, dass wir echte Ärzte sind und dass wir das Richtige tun.
‍
Emil: Glaubst du, dass die größte Herausforderung bei der Kryokonservierung von Haustieren eher Wissenschaft oder Marketing ist?
‍
Kai: Aus rein geschäftlicher Perspektive ist Wissenschaft nicht unbedingt das Problem. Natürlich möchte ich eine Menge Forschung betreiben, um Verfahren zu verbessern. Aber angenommen, wir eröffnen heute ein Unternehmen und haben genau die gleichen Verfahren wie damals; selbst dann kann dieses Unternehmen erfolgreich sein. Daher glaube ich nicht, dass Wissenschaft die größte Herausforderung für das Unternehmen ist.
‍
Ich denke, dass es wahrscheinlich Marketing sein wird. Wir arbeiten mit Spitzentechnologie und mĂĽssen einen Markt dafĂĽr schaffen. Wenn Kryokonservierung von Haustieren geläufig wäre, gäbe es wahrscheinlich auch mehr Unternehmen, die sich damit befassen, weil eine Nachfrage besteht. Auch jetzt besteht ein groĂźes Interesse, aber wir mĂĽssen erst einen Markt dafĂĽr schaffen. Eine weitere Herausforderung wird Talent sein, denn im Bereich der Kryokonservierung herrscht ein groĂźer Mangel an Talenten. Viele Leute mĂĽssen von den wenigen Fachleuten ausgebildet werden, die sich mit der Wissenschaft auskennen und bereits Erfahrung haben. GlĂĽcklicherweise arbeiten wir mitTanya Jones zusammen, die sehr viel Erfahrung hat und bereits Dutzende von Suspensionen durchgefĂĽhrt hat. Ich denke, mit ihrer Hilfe können wir Tierärzte schulen.Â
‍
‍
Emil: Was ist deiner Meinung nach das stärkste Argument, ob Kryokonservierung für jemanden in Frage kommt oder nicht?
‍
Kai: Wenn es eine Sache gäbe, die ich jedem ausreden könnte, dann wäre es die, dass der Tod etwas schlechtes ist. Ja, es ist immer eine schlimme Sache, aber lösbar. Ich denke, das sind die beiden wichtigsten Punkte.
‍
Es gibt sehr religiöse Menschen, die an ein Leben nach dem Tod glauben und den Tod nicht als ein Problem ansehen, das es zu lösen gilt. Und dann gibt es die nicht-religiöse Gruppe, die den Tod schon in jungen Jahren akzeptiert und als unvermeidlich betrachtet. Ich glaube, wenn ich diese Leute dazu bringen könnte, über eine Sache nachzudenken, wäre es: „Wenn du die Wahl hättest, nicht zu sterben, würdest du sie annehmen?“ Schließlich ist die Arbeit, die wir hier leisten, sehr realistisch. Schau dir nur mal die Dinge an, auf die die Menschheit wirklich gespannt ist oder vielleicht einfach nur erwartet. Wir hören viel über künstliche Intelligenz. Oder die Kolonisierung auf dem Mars. Wenn wir diese Dinge, die die Menschheit in den nächsten Jahrzehnten erwarten, mit der Kryokonservierung von komplexeren und größeren Organen vergleichen, ist das durchaus machbar. Was wir Menschen wirklich verstehen müssen, ist, dass der Tod ein lösbares Problem ist. Und sind wir an diesem Punkt angelangt, denke ich, dass sich viele Menschen dafür entscheiden würden.
‍
Emil: Ich glaube, das war schon immer der richtige Ansatz. Ich bin mir nicht sicher, ob ich sagen würde, dass wir relativ nah dran sind, aber es liegt auf jeden Fall innerhalb von ein, zwei oder drei Generationen. Ich glaube, seit wenigen Jahren ist es zum ersten Mal vorstellbar, dass der Tod lösbar ist. Damals war es natürlich unglaublich weit entfernt. Man konnte sich das gar nicht richtig vorstellen. Doch wenn wir heute auf mehr Akzeptanz treffen würden, wäre der Prozess wahrscheinlich viel schneller und wir kämen viel schneller an den Punkt, an dem es tatsächlich machbar ist. Zurzeit befinden wir uns in einer Übergangsphase, in der es jedoch bereits so aussieht, als ob es in greifbare Nähe rücken könnte; also sehr aufregende Zeiten.
‍
Kai: Auf jeden Fall. Ich denke, das hier ist wahrscheinlich die coolste Zeit in der ganzen Geschichte, in der man leben kann. Genau an dieser Schwelle zu stehen ist unglaublich, genauso wie an der Schwelle zur Raumfahrt. Ich glaube, wir wurden zu einem absolut coolen Zeitpunkt geboren und es wird noch viel Aufregendes passieren!
‍
‍
Fazit
‍
Der Bereich der Kryokonservierung hat sich in den letzten Jahrzehnten langsam aber stetig immer weiterentwickelt. Jetzt, wo aktuelle technologischen Durchbrüche  der ganzen Welt zeigen, wie weit wir möglicherweise gehen können, wird Wiederbelebung zu einem sehr machbaren und sehr spannenden Thema.
‍
Wir von Tomorrow verfolgen andere Organisationen und Start-ups im Bereich Kryonik mit groĂźem Interesse. Jeder von uns trägt einen Teil dazu bei, Wissen und Interesse fĂĽr dieses Thema zu schaffen. Kai und seinem Projekt wĂĽnschen wir viel Erfolg. Mal sehen, ob Kryokonservierung von Haustieren letztendlich der SchlĂĽssel zum Erfolg von Kryonik sein wird!Â
Wenn du in der Zwischenzeit mehr ĂĽber Kryokonservierung fĂĽr dich oder deinen pelzigen Liebling erfahren möchtest, kannst du gerne mit einem unserer Experten einen Termin vereinbaren.Â